Unconscious bias und wie diese den Unternehmenserfolg prägen
Stereotype, Vorurteile, Rassismus — “aber doch nicht in unserer Firma”, denkst du jetzt vielleicht. Dass das nicht ganz stimmt und es wichtig für den Unternehmenserfolg sowie die Unternehmenskultur ist, sich dessen bewusst zu sein und dagegen zu arbeiten, soll der folgende Text zeigen.
1. “Unconscious bias” — was ist das überhaupt?
Kurz gesagt handelt es sich hierbei um Schubladendenken. Das lässt sich auf allgemeine Prinzipien der Evolutionstheorie zurückführen. Wir teilen die wahrgenommenen Informationen aus der Umwelt automatisch in Schubladen ein, um auf neue Infos besser reagieren zu können.
Grundsätzlich ist das hilfreich, doch manchmal läuft dieser Prozess entgegen unserer bewussten Überzeugung und Werte ab. So präferiert man unbewusst beispielsweise eher Menschen aus dem eigenen Kulturkreis, weil man mit diesen bereits die meisten Erfahrungen gemacht hat. Hier spricht man von kognitiven Verzerrungen oder Unconscious Biases.
Es gibt verschiedene Formen: Mini-Me-Effekt, Halo-Effekt, Stereotype & Performance Bias, Primacy Effekt, Kontrast-Effekt, Competence Bias und Maternal Bias. Diese Begriffen bedeuten in etwa folgendes:
Mini-Me-Effekt: Ähnlichkeit wirkt verbindend und daher sympathischer
Halo-Effekt: Dominanz eines besonders auffälligen Attributs einer Person und daraus schließende positive oder negative Bewertung der ganzen Person
Stereotype & Performance Bias: aufgrund von Stereotypen werden z. B. Menschen mit Behinderung erst nach erbrachter guter Leistung als qualifiziertes Mitglied des Unternehmens wahrgenommen
Primacy-Effekt: der erste Eindruck, positiv oder negativ, überschattet alle weiteren Charakteristika etc. einer Person
Kontrast-Effekt: eine Person wird mit dem:der Vorgänger*in oder Nachfolger*in verglichen und daraus die Kompetenz erschlossen
Competence Bias: Zusammenhang von Erfolg und Sympathie; hier spielen klassische Rollenbilder, als auch z. B. rassistische Stereotype eine Rolle
Maternal Bias: Frauen mit Kindern begegnen am Arbeitsplatz Vorurteile im Gegensatz zu Männern oder Frauen ohne Kinder
2. Berufsleben: Auswirkungen von Unconscious Bias erkennen
Sobald eine Schublade im Kopf eingerichtet ist, greift man unbewusst immer wieder hinein, wodurch das Vorurteil im Kopf immer stärker wird.
Leitet man beispielsweise ein Team und denkt über Beförderungen der Mitarbeitenden nach, bevorzugt man dann z. B. Männer gegenüber Frauen, da diese in Führungspositionen oft als unsympathisch wahrgenommen werden. Oder man lädt zum Vorstellungsgespräch nicht die Person mit nicht-deutschem Namen ein, obwohl diese sehr qualifiziert ist, da man unbewusst in die Schublade “Ausländer” greift, die Person nicht aktiv dem eigenen Kulturkreis zuordnet und somit als “nicht passend” ansieht. Da dies unbewusst geschieht, ist es egal, wie weltoffen man sich selbst einschätzt, es bleibt trotzdem eine Form von Alltagsrassismus. Und verkleinert den Talentpool.
3. Unconscious Bias kostet dein Unternehmen bares Geld
Als Schlussfolgerung bedeutet das, dass man vornehmlich Menschen einstellt, die dem entsprechen, was in einer “guten” Schublade abgelegt ist, was also bekannt ist und was man aus dem Kulturkreis vornehmlich wahrnimmt.
Die Mitarbeitenden entsprechen demnach beispielsweise zum Großteil dem Geschlecht, Hautfarbe, sozialer Herkunft etc. der leitenden Person, siehe z. B. Mini-Me-Effekt.
Das ist nicht nur unfair gegenüber sehr qualifizierten Personen, die diesem Bild nicht entsprechen, sondern es kostet das Unternehmen auch bares Geld. Wenn Chancengleichheit und Diversität herrschen— die Mitarbeitenden also unabhängig von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, ethnischen und sozialen Herkunft und Religion bzw. Weltanschauung ausgesucht werden — profitiert das ganze Unternehmen davon. Mehr unterschiedliche Hintergründe und Erfahrungen bieten eine höhere Anzahl sowie diversere Lösungsansätze und tragen maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei — das wurde bereits mehrfach belegt.
Nimmt man den Unconscious Bias also nicht in Angriff, versagt man dem Unternehmen z. B. Innovation, monetären Erfolg und das Image einer absoluten Wunschfirma für Arbeitnehmer*innen.
Zudem ist auch die Unternehmenskultur betroffen. Hat man als Mitarbeiter*in das Gefühl, im Unternehmen herrscht Unconscious Bias vor und man wird entweder indirekt diskriminiert oder fühlt sich nicht gesehen, wirkt sich das negativ auf die Stimmung aus. Dies kann z. B. zu einer schlechteren Produktivität führen oder qualifizierte Mitarbeitende verlassen als Folge das Unternehmen.
4. Maßnahmen ergreifen: Was kann man dagegen tun?
Auf Geschäftsebene
Zuallererst ist wichtig, dass die Menschen im Unternehmen verstehen, was Unconscious Bias grundlegend bedeutet. Anschließend kann eine Diversity & Inclusion Schulung sinnvoll sein. Innerhalb solcher Trainings erhält man auch einige praktische Übungen, die man in den Alltag mitnehmen kann.
Ein Beispiel: Liest man eine Bewerbung, sollte man danach direkt den ersten Eindruck aufschreiben. Danach reflektiert man: ist mir die Person sympathisch, weil sie dieselben Hobbies hat wie ich? Wäre meine Reaktion eine andere, wenn das Geschlecht der Person ein anderes wäre? Weitere Tipps und Übungen, um sich an das Thema heranzutasten, findet man z. B. hier.
Eine weitere Maßnahme könnte die Anonymisierung im Bewerbungs-verfahren sein. Statt beispielsweise des Namens, der Herkunft oder des Geschlechts, steht dann nur die Qualifikation und Motivation im Vordergrund.
Auf persönlicher Ebene
Um unser Gehirn dazu zu bringen, das Schubladendenken zu durchbrechen, kann es für den Anfang vorteilhaft sein, sich aktiv mit Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zu befassen. Dazu kann man ideal Social Media Kanäle wie z. B. Twitter oder Instagram verwenden. Unter diesem Absatz habe ich beispielhaft einige Verlinkungen z. B. von Trans-personen, BIPoC und Menschen mit Behinderung gelistet. Die Liste ist selbstverständlich unvollständig und soll nur als Anstoß dienen.
Hierbei ist zu beachten: Informieren musst du dich selbst — marginalisierte Personen haben nicht den Auftrag, dich aufzuklären.
Abschließend sei gesagt: wenn man den Unconscious Bias durchbricht, erweitert man den eigenen Horizont, lernt Neues und entwickelt sich weiter. Daraus profitiert langfristig auch das Unternehmen, denn eine von D&I geprägte Unternehmenskultur zieht mehr qualifizierte Fachkräfte an. Ein großer Schritt hin zum Top-Unternehmen!
Empfehlungen für Twitter
@aminajxx (Aminata Touré, BIPoC, Grünen-Politiker*in, Abgeordnete* in Schleswig-Holstein, Themen: Migration, Antirassismus, Frauen, Queer)
@julia_monro (Aktivist*in, Journalist*in, Speaker*in, Model, Gründer*in, Engagement im Bereich trans*-Identität)
@navasgeht (Referent*in für Islam- und Musikwissenschaften, „zwitschert gegen Hass und für Hip-Hop“)
@tareq_Alaows (Bundestags-Kandidat* für die Grünen, Jurist*in, aktiv bei seebrücke und flüchtlingsrat, kandidiert als erste aus Syrien geflüchtete Person für den Bundestag)
@RolliFraeulein (Autor*in, Themen: Inklusion, Kultur, Feminismus, Empowerment)
Quellen/Weiterführende Informationen:
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Förster, Jens (2008): Kleine Einführung in das SchubladenDenken
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Choudhury, Afrin et al. (2017): Women’s empowerment in aquaculture: Two case studies from Bangladesh
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Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration, Diskriminierung am Ausbildungsmarkt, Ausmaß, Ursachen und Handlungsperspektiven (2014): https://www.svrmigration.de/publikationen/diskriminierung-am-ausbildungsmarkt/
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Hucke, Veronika (2017): Mit Vielfalt zum Erfolg. Praxishandbuch für Diversity & Inclusion im Unternehmen.
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Floria Moghimi (2019) Unconscious Bias Workbook:
https://blog.floriamoghimi.de/wp-content/uploads/2019/12/Unconscious_Bias_Workbook.pdf