Mein erster Tipp: Die 3 goldenen Scrum Regeln

Experiment: 6 Monate als Scrum Master (3)

Diese Reihe berichtet über meine Erfahrungen, Fehler und den ein oder anderen Tipp aus meinem Experiment 6 Monate als Scrum Master.

Was bisher geschah könnt ihr hier nochmal nachlesen:

Experiment: 6 Monate als Scrum Master (1): In den Startlöchern

Experiment: 6 Monate als Scrum Master (2): Wie wird man ein guter Scrum Master ?

Hallo 👋

heute habe ich für euch meinen ersten Tipp vorbereitet. Naja, um ehrlich zu sein, ist das Ganze natürlich nicht mein Tipp, sondern ich hab ihn von einem anderen Scrum Master in unserer Firma bekommen — von Volker. Aber genau wie ich, hat er den Tipp nicht selbst erdacht, sondern gibt ihn nur weiter.

Eigentlich kommt der Tipp von Joseph Pelrine. Joseph hat bei seinen Vorträgen und Schulungen gerne Visitenkarten verteilt, als Erinnerung an die Tipps zum Mitnehmen. Und genau so eine Erinnerung liegt bei Volker auf dem Schreibtisch.

 
Notizzettel mit einer Glühbirne an Korkpinnwand angeheftet
Photo by AbsolutVision on Unsplash

Na, hab ich euch schon verwirrt ? 😃

Also in der ersten Woche habe ich dann das erste Mal von den drei „goldenen“ Scrum Regeln gehört. Aus diesen Regeln kann man eigentlich alles im Bezug auf Scrum herleiten. Deshalb sind sie quasi der perfekte Spickzettel für einen Scrum Master.

Und diese drei Regeln möchte ich auch mit euch teilen.

Aber bevor es richtig zur Sache geht, will ich noch kurz Joseph die Ehre erweisen, ein paar Worte über ihn zu verlieren:

 

Wer ist Joseph Pelrine?

 
Joseph Perline
Photo by JJ Jordan on Unsplash

Der Schweizer Joseph Perline ist ein Urgestein von Scrum und agilen Prozessen und ist vor allem für die Verbreitung in Europa bekannt. Angefangen hat er mal als Kent Becks Assistent im Bereich eXtreme Programming. Joseph selbst hat über 25 Jahre Erfahrung und versucht immer noch am Prozess zu feilen — im Vergleich dazu: ich bin gerade einmal 27 Jahre alt. 🤔

Als Psychologe gehen seine Prozesse weit über die Software-Entwicklung hinaus.

Mehr könnt ihr hier nachlesen:

Joseph Pelrine — Scrum Alliance

Ach ja, nein — auf dem Bild sieht man nicht Joseph, sondern einfach einen super-bärtigen Kerl, der sicherlich enorme Weisheit hat — wie Joseph.

Die Wurzeln von Scrum — 3 Regeln

 

1. Macht es keinen Spaß, machst du etwas falsch.

 
Spaß ist ein wichtiger Indikator
Photo by Pineapple Supply Co. on Unsplash

Laut Joseph ist das eigentlich die dritte Regel, aber ich habe mir erlaubt die wichtigste Regel direkt am Anfang zu nennen.

Spaß ist für mich immer ein wichtiger Indikator, ob noch alles gut läuft. Das klingt vielleicht naiv oder kindisch — bisher ist es mir dabei immer gut ergangen.

Beispiele, die keinen Spaß 😞 machen:

  • Nicht alle Teilnehmer können überhaupt was zum Meeting beitragen und sitzen nur zur reinen Anwesenheit da.

  • Als Entwickler zu viele Meetings haben, während man doch eigentlich so viele Dinge in der Matrix zu tun hat…

  • Immer auf Ernst machen, weil wir ja alle super-duper professionell sind.

Und jetzt noch einige Beispiele, die Spaß 🥳 machen:

  • Wenn man merkt, dass dem Anwender das Produkt gefällt, an dem man viele Monate gearbeitet hat.

    Dadurch merkt man, dass jeder einzelne Tag wichtig für das Endergebnis ist.

  • Einfach mal im Meeting zu gehen, wenn man realisiert hat, dass man nichts beitragen kann oder das Meeting nicht auf die Frage antwortet: „Warum gibt es dieses Meeting jetzt gerade?“

  • Offen und ehrlich zu sein, auch wenn was blödes passiert ist.

  • Unterstützung und Hilfe zu bekommen, wenn man sie braucht

2. Wer das Risiko trägt, entscheidet.

Kommen wir zur zweiten Regel: Wer das Risiko trägt, entscheidet.

Die Regel kann man sich auf vielen verschiedenen Ebenen ansehen, davon kenne ich aber nur eine bisher sehr gut:

Die Entwickler-Ebene:

Als Programmierer sind wir vor allem für den Code und dessen Funktionalität in der echten Welt verantwortlich. Wir müssen uns darum kümmern, dass es auch hier Spaß macht sich jeden Tag in all den if-Statements und Semikolons zu baden.

Es ist unsere Aufgabe neue Funktionen hinzufügen zu können, deshalb müssen wir uns auch um alten Code kümmern und diesen pflegen wie unsere liebe Großmutter. 👵🏼

Wir sind allerdings nicht dafür zuständig, welche neuen Funktionen für die nächsten Sprints geplant sind. Wenn man eine gute Idee hat, darf man die gerne weitergeben, aber der Product Owner trägt das Risiko für die Entwicklung des Produkts und entscheidet, wie es weiter geht.

→ Nehmt ihm* keine Entscheidung weg, sondern lasst sie entscheiden.

Dann gibt es noch viele weitere Ebenen, bei denen diese Regel hilft.

Mir hat es bereits einige Tage später geholfen, nur an die Frage zu denken.

Deshalb kann ich euch nur empfehlen, manchmal zu pausieren und sich zu fragen:

 

Wer trägt jetzt gerade das Risiko?
Sollte ich mich da überhaupt einmischen?

 

(*): Natürlich sind hier immer alle möglichen tagesaktuellen Gender Formen gemeint, die es gibt. Aber zum Lesen ist es einfacher mit einer Geschlechtsform.

3. Wir machen keine Fehler, wir lernen

 
Wir machen keine Fehler, wir lernen!
Photo by Ben White on Unsplash

Alle guten Dinge sind ja bekanntlich drei, also kommen wir zur dritten Regel von Joseph:

 

Wir machen keine Fehler, wir lernen.

 

Wissen wir denn jemals irgendetwas genau? Die Lottozahlen von morgen, wie das Wetter wird oder auch nur, ob es besser ist A oder B zu tun?

Ich finde, die Antwort lautet immer „Nein“. Wir wissen es nicht.

Das können wir auch garnicht, wir sind keine Wahrsager & meine Glaskugel, die die Zukunft zeigen kann, ist schon länger kaputt.

Also ist es der erste Schritt, dass wir uns selbst & auch allen anderen zugestehen, dass wir nichts wissen. 😉

Denkt einfach mal zurück und erinnert euch daran, wie ihr Fahrrad fahren oder schwimmen gelernt habt. Wären wir damals bestraft worden, nur weil es beim ersten Mal nicht geklappt hat, dann würden wir heute noch alles zu Fuß machen (oder ggf. noch auf allen Vieren kriechen).

Und jetzt kommen wir zurück in das digitale Zeitalter & versuchen uns Anwendungen auszudenken, die komplizierte Strukturen haben und von so vielen Faktoren abhängen. Wie wahrscheinlich ist es, dass wir beim ersten Mal richtig liegen?

Laut Mathematikus: ~50% für die erste Entscheidung.

Aber wie wahrscheinlich ist es, dass wir immer richtig liegen?

⇒ Hier ist also wichtig:

 

Wir können keine Umgebung schaffen, in der mit Sicherheit keine Fehler passieren können.
Deshalb müssen wir eine Umgebung erschaffen, in der man ohne Probleme Fehler machen kann & aus diesen lernen kann.

 

Wenn ihr mehr wollt?

All diese Infos & noch viel mehr könnt ihr euch gerne auch von Joseph direkt anhören. Meiner Meinung nach sind diese 45 min sehr gut investierte Zeit! 😃

https://www.youtube.com/watch?v=4_Icqo4zjBo

Und weil ich Volker in diesem Artikel eh schon erwähnt habe, will ich mit einem Zitat von ihm abschließen, das euch ermutigen soll: Probiert aus, testet, macht Fehler, probiert es wieder — fallt hin & steht wieder auf. Wie früher beim Fahrradfahren — ihr könnt das !!

 

"Man muss sich auch einfach alles trauen."
Volker, 13.05.20

 

Bis dann, Wirsing! 👋

 

Thanks to Marlen Rutsch and Liana Frei. 

 
 
 

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